Berlin/Baden-Baden, 28.11.2023
Manifest – Die Zukunft des fiktionalen Fernsehens
Der Bundesverband Regie (BVR) und der Deutsche Drehbuchverband (DDV) fordern in einem gemeinsamen „Manifest” tiefgreifende Reformen.
Der BVR und DDV haben ihre Forderungen zur Reform des ÖRR gemeinsam formuliert und in dem Baden-Badener Manifest – Die Zukunft des fiktionalen Fernsehens zusammengefasst und fordern tiefgreifende Reformen.
Das Manifest der Drehbuchautor:innen und Regisseur:innen, das im Rahmen des Thinktanks auf der Televisionale Baden-Baden erstellt wurde, präsentiert eine Analyse und Kritik der aktuellen Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) in Deutschland. Es hebt hervor, dass das Durchschnittsalter der Zuschauer:innen des ÖRR bei 62 Jahren liegt und die Konkurrenz durch Streaming-Dienste enorm ist. Der ÖRR wird als uniform und ambitionslos beschrieben, mit wenig Bewegung trotz dringender Notwendigkeit von Innovation und Risikobereitschaft. Die Kreativen fühlen sich von der Reformdebatte ausgeschlossen und sehen ihre Bedürfnisse und Vorschläge vom ÖRR nicht berücksichtigt, insbesondere bei der Programmgestaltung, den Honoraren und der Online-Distribution.
Die Verbände kritisieren das aktuelle Programm der öffentlich-rechtlichen Sender als „uniform und ambitionslos”. Sie fordern modernere und effektivere Rahmenbedingungen für fiktionale Produktionen, um der wahrgenommenen „Uniformität und Genreverarmung” entgegenzuwirken. Insbesondere wird die Praxis kritisiert, Redaktionen durch Marketingrichtlinien einzuschränken. Darüber hinaus wird die Bündelung großer Teile des Produktionsbudgets bei der ARD-Degeto kritisiert und eine Dezentralisierung gefordert. Das Manifest kritisiert auch die geringe Sichtbarkeit und Unterfinanzierung innovativer Inhalte in den Mediatheken. Darüber hinaus fordern die Verbände eine respektvollere Zusammenarbeit mit den Sendern, mehr Vertrauen in die kreativen Teams, weniger Kontrolle, eine angemessene Vergütung für alle Arbeitsschritte und die Einrichtung standardisierter Entscheidungswege.
Das Manifest fordert eine stärkere Einbeziehung der Kreativen in Debatten und Entscheidungsprozesse und kritisiert das “Wagenburg-Verhalten” der Verantwortlichen, die undemokratische Kräfte stärken könnten, die den ÖRR marginalisieren oder abschaffen wollen. Es betont die Notwendigkeit effektiver und zeitgemäßer Rahmenbedingungen für Fiktion im ÖRR, einschließlich einer besseren Sichtbarkeit von Mediathekeninhalten im Hauptprogramm, einer größeren Genrevielfalt und gut finanzierter Serien und Filme.
Die Regisseure und Drehbuchautoren plädieren für Mut statt Bedenken seitens der Sender, um Fernsehen zu schaffen, das über den kleinsten gemeinsamen Nenner hinausgeht und relevante Debatten anstößt. Sie fordern ein Ende des Kontrollwahns und mehr Vertrauen in die kreativen Teams, um eine respektvolle und produktive Zusammenarbeit zu fördern.
Die Notwendigkeit systematischer Entscheidungswege wird betont, um überlange Projektentwicklungen zu vermeiden und Sicherheit für Produktionsfirmen und freie Kreative zu gewährleisten. Gefordert wird ein quotenfreier Abend für Kreativität und anspruchsvolles Fernsehen ohne Quotendruck. Darüber hinaus wird eine angemessene Vergütung für alle Arbeitsschritte gefordert, die regelmäßig angepasst und überprüft werden sollte.
Abschließend bekunden BVR und DDV ihren Wunsch nach einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und ihre Bereitschaft, zur Sicherung seiner Zukunft beizutragen.
Persönlich
„Es war einmal …” und handelt von mutigen Drehbuchautor:innen, starken Regisseur:innen und einem bösen und listigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) gibt es eine Zensur der Themen, der Inhalte, der Sprache und eine Unterdrückung der Autoren. Das Manifest ist gut und richtig, aber insgesamt ist mir das Vorgehen zu wenig. Autoren werden seit langem unterirdisch und respektlos behandelt. Ab und zu wird ihnen ein Krümel hingeworfen, mit dem sie sich begnügen müssen. Das ist kein Erfolg, das ist ein langsamer Tod.
Ich bin ein positiver Mensch, aber ich glaube nicht, dass sich viel ändern wird. Es wird viel bla, bla, bla geben, Erhöhung der Rundfunkgebühren, eine fette Gehaltserhöhung für die Mitarbeiter des ÖRR, ein paar Krümel für die Auroren und das war’s dann.
Deutscher Drehbuchverband – DDV
BVR – Bundesverband Regie
Ich denke, das einzige mal, dass Menschen über Ungerechtigkeit nachdenken, ist, wenn sie ihnen selbst widerfährt.
– Charles Bukowski
5 Kommentare
Mal sehen, ob es was bringt.
Die Kritik am ÖRR und die Forderung nach mehr Kreativität im deutschen Fernsehen finde ich sehr wichtig.
Die Forderungen nach einer stärkeren Einbeziehung der Kreativen und nach einer respektvolleren Zusammenarbeit halte ich für eine wichtige Forderung.
Die Kritik am “Wagenburg-Verhalten” der Verantwortlichen ist ein starkes Statement. Es ist an der Zeit, dass sich der ÖRR mehr für neue Ideen und Perspektiven öffnet.
Insgesamt finde ich das Manifest gut und hoffe, dass es zu positiven Veränderungen führt.