„Frankenstein oder Der moderne Prometheus”

Frankenstein oder Der moderne Prometheus – Roman von Mary Shelley
Erstveröffentlichung: 1. Januar 1818
Genres: Science-Fiction, Horror

Mary Shelleys „Frankenstein” ist mehr als nur eine Horrorgeschichte; es ist eine tiefgründige Auseinandersetzung mit der menschlichen Natur und den Grenzen unserer Verantwortung für unsere eigenen Schöpfungen. Dieser zeitlose Klassiker, der oft als erster echter Science-Fiction-Roman bezeichnet wird, hat bis heute nichts von seiner Faszination und Aktualität verloren.

Mit Victor Frankenstein und seinem Monster schuf Shelley zwei der einprägsamsten Figuren der Literaturgeschichte. Victor, der junge, ehrgeizige Wissenschaftler, dessen Träume von Wissen und Macht ihn zur Erschaffung eines menschenähnlichen Wesens treiben, ist ebenso faszinierend wie tragisch. Das Monster, abstoßend in seinem Äußeren und doch beseelt von der verzweifelten Sehnsucht nach menschlicher Gesellschaft und Zuneigung, ist eine der ergreifendsten und tragischsten Figuren der Literatur.

Shelleys meisterhafte Erzählweise, die sich in der Verschachtelung der Erzählstränge und der differenzierten Sprache widerspiegelt, trägt zur tiefen emotionalen Wirkung des Romans bei. Sie zwingt den Leser, über Themen wie Schöpfung, Verantwortung, Isolation und das menschliche Streben nach Wissen und Macht nachzudenken.

„Frankenstein” hat zwar seine Schwächen – manche Passagen wirken langatmig und die Charakterentwicklung kommt manchmal zu kurz – aber die Stärken des Romans überwiegen bei weitem. Die Geschichte ist reich an Symbolik und thematischer Tiefe, und ihre moralischen und ethischen Fragen sind so aktuell wie zu ihrer Entstehungszeit.

Frankenstein: Worum geht es in der Geschichte?

„Frankenstein” ist eine tiefgründige Untersuchung der menschlichen Natur und der Folgen einer Wissenschaft ohne Ethik. Die Geschichte stellt Fragen nach der Verantwortung des Schöpfers gegenüber seiner Schöpfung und erforscht Themen wie Einsamkeit, Ablehnung und die verzweifelte Suche nach Identität und Zugehörigkeit. Sie ist auch eine Warnung vor den Gefahren der Überschreitung menschlicher Grenzen in der Wissenschaft und der Arroganz, Gott spielen zu wollen. Die Geschichte zeigt, dass Handlungen schwerwiegende und oft tragische Folgen haben, insbesondere wenn sie aus egoistischen Motiven und ohne Rücksicht auf andere ausgeführt werden.

Stärken & Schwächen

Stärken

  1. Themenreichtum: Der Roman behandelt komplexe Themen wie die Grenzen der wissenschaftlichen Forschung, die Verantwortung des Schöpfers und die Natur des Menschseins.
  2. Charakterentwicklung: Die Figuren, insbesondere das Monster und Victor Frankenstein, sind tiefgründig und vielschichtig.
  3. Stil und Sprache: Shelleys Schreibstil ist poetisch und ausdrucksstark, was die emotionale Tiefe und die Atmosphäre des Romans verstärkt.
  4. Einfluss auf die Literatur: Das Buch hatte einen enormen Einfluss auf die Literatur und gilt als einer der ersten Science-Fiction-Romane.
  5. Moralische und ethische Fragen: Der Roman regt zum Nachdenken über wichtige moralische und ethische Fragen an.
  6. Symbolik und Allegorie: Der Roman ist reich an Symbolik und bietet vielfältige Interpretationsmöglichkeiten.
  7. Struktur und Erzählweise: Die Rahmen- und Binnenstruktur des Romans trägt zur Komplexität und zum Interesse an der Geschichte bei.
  8. Psychologische Tiefe: Der Roman bietet tiefe Einblicke in die psychologischen Zustände der Figuren.
  9. Atmosphäre: Die düstere und melancholische Atmosphäre ist wirkungsvoll und fesselnd.
  10. Gesellschaftskritik: Der Roman enthält eine subtile Kritik an der Gesellschaft und den wissenschaftlichen Praktiken der damaligen (und heutigen) Zeit.

Schwächen

  1. Veraltete Sprache: Die Sprache kann für moderne Leser antiquiert und schwer zugänglich sein.
  2. Tempo der Handlung: Teile des Romans können langsam und ausführlich erscheinen, was das Lesetempo verlangsamt.
  3. Unglaubwürdige Handlungselemente: Manche Aspekte der Handlung könnten als unglaubwürdig empfunden werden, insbesondere die wissenschaftlichen Aspekte.
  4. Fehlende Details in der Monstererschaffung: Die genauen wissenschaftlichen Hintergründe der Erschaffung des Monsters bleiben vage und unklar.
  5. Mangel an weiblichen Charakteren: Der Roman bietet wenig in Bezug auf komplexe weibliche Charaktere.
  6. Übermäßige Emotionalität: Manche Leser könnten die Darstellung der Emotionen als übertrieben oder melodramatisch empfinden.
  7. Historischer Kontext: Manche Themen und Ansichten sind tief in ihrem zeitgenössischen Kontext verwurzelt und mögen für heutige Leser weniger relevant erscheinen.
  8. Mangel an Handlungsdiversität: Der Roman konzentriert sich stark auf die Beziehung zwischen Frankenstein und dem Monster und vernachlässigt andere Handlungsstränge.
  9. Eindimensionale Nebencharaktere: Einige Nebencharaktere sind nicht gut ausgearbeitet und wirken eindimensional.
  10. Komplexe Satzstrukturen: Komplexe Satzstrukturen können das Leseverständnis erschweren.
Meine Rezension

„Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ ist zwar nicht ohne Mängel – manche Passagen wirken langatmig und die Charakterentwicklung kommt manchmal zu kurz -, aber die Stärken des Romans überwiegen bei weitem. Die Geschichte ist reich an Symbolik und thematischer Tiefe, und ihre moralischen und ethischen Fragen sind so aktuell wie zu ihrer Entstehungszeit.

Es ist unbestreitbar ein Meilenstein der Literaturgeschichte. Es ist ein fesselndes, tiefgründiges und nachdenklich stimmendes Werk, das sowohl Fans des Horror- und Science-Fiction-Genres als auch Liebhaber klassischer Literatur ansprechen wird. Trotz kleinerer Schwächen ist es ein lesenswertes Buch.

Ich habe den Roman sehr gerne gelesen und bin fasziniert von den Gedanken, die Mary Shelley damals durch den Kopf gingen. Was mir nach dem Lesen durch den Kopf ging, war die Frage, ob sich die KI (Künstliche Intelligenz) heute auch so verhalten wird wie Frankensteins Monster? Ich hoffe nicht.!!

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Kein Mensch wählt das Übel, weil es das Übel ist, er verwechselt es nur mit Glück, dem Guten, das er sucht.

– Mary Shelley

Frankenstein: Interpretation

Es gibt viele Interpretationen des Romans und seiner Bedeutung. Hier sind die häufigsten Themen und ihre möglichen Bedeutungen:

Die Gefahren der Wissenschaft ohne Ethik: Eines der zentralen Themen des Romans ist die Warnung vor den Gefahren der Wissenschaft, wenn sie ohne Rücksicht auf ethische und moralische Überlegungen betrieben wird. Frankenstein ist besessen von der Idee, Leben zu erschaffen, denkt aber nicht an die möglichen Folgen seines Handelns. Das Ergebnis ist eine Tragödie, sowohl für ihn als auch für die Kreatur, die er erschafft.

Verantwortung und Schuld: Frankenstein flieht vor der Verantwortung für seine Schöpfung und lässt das Monster ohne Führung und Unterstützung zurück. Diese Flucht führt zu weiteren Katastrophen. Das Thema Verantwortung und Schuld zieht sich durch den ganzen Roman.

Die Suche nach Identität und Akzeptanz: Das Monster kämpft mit seiner Identität und sucht nach Akzeptanz und Liebe, wird aber von der Gesellschaft und seinem Schöpfer abgelehnt. Das Thema könnte eine Reflexion über die menschliche Erfahrung von Ausgrenzung und die Suche nach Zugehörigkeit sein.

Die Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf: Der Titel „Der neue Prometheus” bezieht sich auf die griechische Mythologie. Prometheus war ein Gott und entstammte dem antiken Göttergeschlecht der Titanen. In Shelleys Roman ist Frankenstein ein moderner Prometheus, der mit den Kräften des Lebens spielt, am Ende aber für seine Taten bestraft wird.

Romantische Ideen und die Natur: Als Teil der Romantik betont der Roman die Macht und Schönheit der Natur und die Fähigkeit des Menschen, sich durch Emotionen und Kreativität mit der Natur zu verbinden. Frankensteins Vernachlässigung dieser Verbindung und sein Vertrauen in die kalte, mechanische Wissenschaft führen zu seinem Untergang.

Verantwortung und Konsequenzen: Die Geschichte betont die Wichtigkeit, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Victor Frankenstein erschafft eine Kreatur, ohne die moralischen und ethischen Implikationen zu berücksichtigen. Als seine Kreatur leidet und Schaden anrichtet, weigert sich Victor, die Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Diese Vernachlässigung hat schreckliche Folgen.

Die Grenzen des menschlichen Wissens und der Fähigkeiten: Victor Frankenstein überschreitet die natürlichen Grenzen menschlichen Wissens und der Fähigkeiten, indem er Leben aus dem Tod erschafft. Die Geschichte warnt davor, dass das Überschreiten dieser Grenzen verheerende Folgen haben kann. Sie zeigt, dass es Bereiche gibt, die der Menschheit vielleicht besser unbekannt bleiben sollten.

Mitgefühl und Menschlichkeit: Das Monster, obwohl physisch abscheulich, zeigt oft mehr Menschlichkeit und Mitgefühl als sein Schöpfer. Es wünscht sich nur Gesellschaft und Akzeptanz, wird aber aufgrund seines Aussehens abgelehnt. Dies könnte eine Aufforderung sein, Mitgefühl und Verständnis für diejenigen zu zeigen, die als „anders” oder „fremd” angesehen werden.

Isolation und Einsamkeit: Sowohl Victor Frankenstein als auch das Monster leiden unter extremer Isolation und Einsamkeit, was zu ihrem Untergang führt. Dies könnte ein Hinweis auf die Bedeutung von sozialen Bindungen und Gemeinschaft sein.

Natur versus Wissenschaft: Shelley gehörte der Romantik an, einer literarischen Bewegung, die die Natur idealisierte und häufig die Industrialisierung und wissenschaftliche Rationalisierung kritisierte. Victor Frankenstein steht für die kühle Rationalität der Wissenschaft, während das Monster und die Natur, die es umgibt, oft als authentischer und emotionaler dargestellt werden.

Diese Themen und Interpretationen können auf unterschiedliche Weise verstanden werden, und verschiedene Leser können unterschiedliche „Bedeutungen” aus der Geschichte ziehen. Es ist auch wichtig zu beachten, dass Mary Shelleys persönliche Erfahrungen und Ansichten, einschließlich ihrer Erfahrungen mit Schwangerschaft, Verlust und sozialer Ausgrenzung, in die Themen und Botschaften des Romans eingeflossen sein könnten.

Es ist wichtig zu beachten, dass „Frankenstein” auch als Reflexion über die Rolle des Künstlers und den kreativen Prozess gesehen werden kann. Victor Frankenstein als Schöpfer seines Monsters kann symbolisch für den Künstler oder Autor stehen, der sein Werk schafft. Wie Victor kann der Künstler nicht vollständig kontrollieren, wie sein Werk in der Welt aufgenommen wird und welche Auswirkungen es hat. Dies ist besonders relevant, wenn man bedenkt, dass Mary Shelley ihren Roman vor dem Hintergrund tiefgreifender sozialer und technologischer Veränderungen schrieb.

Darüber hinaus kann die Erzählstruktur von „Frankenstein” als Kommentar zur Suche nach Wahrheit und Erkenntnis gesehen werden. Der Roman wird aus mehreren ineinander verschachtelten Erzählperspektiven erzählt, wobei jede Perspektive ihre eigene Interpretation der Ereignisse bietet. Dies kann als Kommentar zu den Grenzen des menschlichen Verstehens und der Schwierigkeit, objektive Wahrheit zu finden, verstanden werden.

Interessant ist auch, dass der Untertitel “Der moderne Prometheus” auf eine weitere Bedeutungsschicht hinweist. In der griechischen Mythologie war Prometheus ein Titan, eine Symbolfigur für wissenschaftlichen und technischen Fortschritt. Durch die Verbindung von Victor Frankenstein mit Prometheus stellt Shelley Fragen nach dem Preis des Wissens und dem möglichen Preis des Fortschritts.

Schließlich ist „Frankenstein Frankenstein oder Der moderne Prometheus” auch eine Geschichte über die Macht des Erzählens. Die Figuren im Roman nutzen Geschichten, um ihre Identität zu formen, Mitgefühl zu wecken oder ihre Handlungen zu rechtfertigen. Dies zeigt die Macht von Geschichten, nicht nur zu unterhalten, sondern auch unser Verständnis von uns selbst und der Welt um uns herum zu formen.

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